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Die Orgel der Kirche des Heiligen Salvator in Prag

Anmerkung des Berichterstatters: Im Vergleich zum Alter der besuchten „Location“ mag die Verspätung des Erscheinens dieses Berichtes eine Lappalie sein, aber im Vergleich zum üblichen Zeitraum zwischen Anlass und Berichterstattung handelt es sich um eine gefühlte Ewigkeit! Ich bitte insbesondere den „Hauptdarsteller“ Jiri um Entschuldigung dafür.

Die Veranstaltung

Ein ganz besonderer Leckerbissen stand am 1. April 2019 (KEIN Scherz!) auf der Agenda unseres Vereins.

Ein bunt gemischtes Grüppchen von sc.cz-Mitgliedern und Gästen mit einer Alterspanne von ca. 75 Jahren bildete das Publikum für diesen speziellen kulturellen Event, der in der Kirche des Heiligen Salvator mitten in der Prager Altstadt stattfand.

Die Wahl des Titels der Einladung zum Anlass, der da lautete „Die Orgel, das geheimnisvolle Instrument“, erwies sich als absoluter Volltreffer!
Zwar dürfte Aussehen und Klang einer Orgel allen Anwesenden aufgrund persönlicher Erfahrungen bei Kirchenbesuchen und/oder Konzerten bereits vorher bekannt gewesen sein. Aber die Ausmasse + das Innenleben dieses faszinierenden Instrumentes dürfte den allermeisten Teilnehmern eine bisher völlig unbekannte Welt eröffnet haben.

Die Einführung in diese wundersame Welt erfolgte in Wort (durch Herrn Bondra als Vertreter der Kirchgemeinde) und v. a. Ton (durch unser Mitglied Jiri Ruzicka).

Bevor wir aber den interessanten Ausführungen der beiden Gastgeber zuhören konnten, hiess es zuerst klettern, nämlich die Treppen hoch bis zum „Objekt der Begierde“, der Orgel. Von dort aus hat man nicht nur einen hautnahen Einblick ins spannende „Innenleben“ einer Orgel, sondern auch einen herrlichen Ausblick ins 21m hohe Kirchenschiff.

Zuerst vermittelte uns Herr Bondra – unterstützt durch unser Multitalent Jiri, der das Gesagte „stereo“ ins Deutsche übersetzte - einen historischen Abriss über das Kirchengebäude (siehe dazu Kapitel „Die Geschichte der Kirche des Hl. Salvators“) sowie einen Einblick in die Spezifikationen der Orgel, welche von 2009-2011 vollständig und unter sehr strengen Auflagen rekonstruiert wurde (siehe dazu Kapitel „der Orgel-„Neubau““). Das Original der Orgel stammte aus dem Jahre 1865. Heute besteht sie aus 2850 Pfeifen, 48 Registern sowie 3 Manualen (bzw. 2 Manualen + Pedal).

Anschliessend gab Jiri diverse Kostproben seines Könnens als Organist zum Besten. Dabei wurde er tatkräftig durch Herrn Bondra unterstützt, der im wahrsten Sinne des Wortes alle Register zog! Wir Zuschauer bzw. Zuhörer konnten dabei nicht nur feststellen, welch stupende Technik und Koordination von Händen & Füssen zum Spielen dieses Instrumentes notwendig ist, sondern erhielten ausserdem einen Eindruck von der imposanten Lautstärke, welche dieses Instrument produzieren kann.

Die Geschichte der Kirche des Hl. Salvator 


Bei dem 405 Jahre alten sakralen Bau handelt es sich um die größte evangelische Kirche in Prag. Diese ist dem Erlöser (Salvator = Erlöser) geweiht.
Am Anfang des 17. Jahrhunderts zogen beträchtliche Mengen von deutschen Lutheranern nach Prag um, die bald eine eigene große Kirche vermissten. Das Grundstück für dieses Projekt kaufte ihnen der Graf Joachim Andreas von Schlick (Jáchym Ondřej Šlik). In den Jahren 1611 – 14 erbaute der Baumeister J. Christoffen von Graubünden die Kirche im gotischen Stil im Übergang zur Renaissance. Für den Autor des Projekts wird Giovanni Maria Filippi gehalten.
Nach der Schlacht am Weißen Berg wurde die Kirche beschlagnahmt, geschlossen und die Prediger aus Prag verwiesen. Im Jahr 1626 bekam der Paulaner-Orden die Kirche. Später wollten die Paulaner das Kloster erweitern und kauften deshalb das benachbarte Haus auf dem Altstädter Ring (Staroměstské náměstí). Danach wurde das Kloster mit der Kirche durch einen überdachten Gang verbunden.

Die Kirche wurde nach dem Jahre 1689, als sie abbrannte, teilweise „barockisiert“ und über den Nebenschiffen wurden Tribünen erbaut. Im Jahr 1720 wurde ein Turm angebaut und in der Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden das Hauptschiff und das Presbyterium mit Rokoko-Stuck verziert. Die Dominante der Ausschmückung der Freskendecke ist das Bild von Salvator, der von Engeln umgeben ist. Bei dieser Gelegenheit wurden vermutlich auch zwei Türme an die Kirchenfront angebaut.
Die späteren Umbauten der Kirche und des Klosters führte im Jahr 1777 der Baumeister Jan Prachner durch. Nach den Josephinischen Reformen im Jahr 1784 wurde das Kloster aufgelöst, die Kirche entweiht und beide dem Münzamt zugewiesen. Im Jahr 1863 kauften die tschechischen Protestanten die Kirche; sie wurde rekonstruiert und geweiht.

Der Orgel-„Neubau“

Nach einer öffentlichen Ausschreibung dieses Grossprojektes wurde im Juni 2009 der Auftrag an die Hermann Eule Orgelbau GmbH in Bautzen (BRD) erteilt. Details zur Umsetzung findet man unter: https://www.euleorgelbau.de/front_content.php?idart=80 

Fazit

Es ist den beiden Gastgebern hervorragend gelungen, uns das faszinierende Instrument Orgel in all seinen Facetten näher zu bringen. Dafür gebührt ihnen ein ganz grosses DANKESCHOEN für diesen tollen Abend.

Und zum Schluss noch dies (auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen): „Une fois de plus les absents ont eu tort!“ sagte der Franzose … oder frei übersetzt: Wer gefehlt hat, ist selber schuld!!

Berichterstatter: Röby
Fotografien: Hans Peter, Daniela, Patrick

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